Endoskopische Wirbelsäulen-OP 2025: Indikationen, Zeitrahmen und reale Risiken

Die endoskopische Wirbelsäulenchirurgie entlastet Nerven über millimetergroße Schnitte, schont Weichteile und verkürzt den Krankenhausaufenthalt. Bei guter Indikationsstellung erzielt sie eine Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung, die der klassischen Mikrodiskektomie entsprechen. Nicht jeder Fall ist geeignet, und Risiken sowie Rückfälle bleiben möglich; die individuelle Auswahl und die Erfahrung des Teams sind entscheidend.

  • Vor allem geeignet bei lumbalen/zervikalen Bandscheibenvorfällen und ausgewählten Fällen foraminaler Stenose.
  • Schmerz- und Funktionsresultate ähnlich wie bei der Mikrodiskektomie; Aufenthalt und Erholung oft kürzer.
  • Risiken bleiben bestehen: Infektion, Nervenverletzung, Rezidiv eines Vorfalls, Liquorleck.
  • Entscheidung nach klinisch-radiologischer Korrelation und Versagen einer adäquaten konservativen Therapie.

 

Was ist endoskopische Wirbelsäulenchirurgie?

Ein Spektrum minimalinvasiver Verfahren, bei denen eine Kamera und Mikroinstrumente über einen oder zwei Zugänge in die Bandscheibe oder den Spinalkanal eingebracht werden. Häufige Varianten sind der transforaminale endoskopische Zugang (TELD) sowie uniportale oder biportale Endoskopie. Ziel ist es, das komprimierende Fragment zu entfernen oder den Nervenraum zu erweitern und dabei möglichst viel gesundes Gewebe zu erhalten.

 

Wer kommt infrage? Symptome und Indikationen

Die häufigste Indikation ist der Bandscheibenvorfall mit Radikulopathie (Ischialgie oder in den Arm ausstrahlender Nackenschmerz), der sich trotz strukturiertem konservativem Management über 6–8 Wochen nicht bessert. In Betracht kommt es außerdem bei:

  • Foraminaler oder lateraler Stenose mit Schmerzen beim Gehen oder Stehen.
  • Rezidiviertem Bandscheibenvorfall bei ausgewählten Patient:innen.
  • Fokalen Kompressionen nach Voroperationen, sofern die Anatomie dies zulässt.

Warnzeichen, die eine dringliche Abklärung erfordern: progrediente Kraftminderung, Reithosenanästhesie, Stuhl-/Harnentleerungsstörungen oder plötzlich einsetzender, stark behindernder Schmerz.

 

Diagnostik: wann ist Endoskopie sinnvoll?

Die Entscheidung stützt sich auf die Übereinstimmung von Symptomen, neurologischem Status und Bildgebung:

  • MRT zur Lokalisierung des Konflikts (Bandscheibenfragment, foraminale/kanale Stenose).
  • Dynamische Röntgenaufnahmen zum Ausschluss relevanter Instabilität.
  • CT hilfreich bei Rezidiven oder Voroperationen zur Beurteilung von Pars, Facettengelenken und Implantaten.
  • Level-Wahl und Planung eines sicheren Zugangs (z. B. Kambin-Dreieck bei transforaminalen Zugängen).

 

Therapiealternativen

Nicht-operativ

  • Schmerzaufklärung und therapeutische Übungen (Spaziergänge, Rumpfstabilisation).
  • Umsichtige medikamentöse Behandlung (nicht-opioide Analgetika; verantwortungsvoller Einsatz von Adjuvantien).
  • Aktive Physiotherapie und Haltungsmaßnahmen.
  • Infiltrationen oder Radiofrequenz in ausgewählten Fällen (z. B. Facetten-/Iliosakralgelenkschmerz nach Ausschluss anderer Ursachen).

Operativ

  • Mikrodiskektomie (traditioneller Goldstandard) mit langzeitbewährten Ergebnissen.
  • Mikrotubuläre Dekompression und Laminotomie bei zentraler oder kombinierter Stenose.
  • Fusion bei ausgeprägter Instabilität oder erforderlicher Korrektur von Deformitäten.

 

Welche Vorteile und welche Risiken?

Aktuelle vergleichende Übersichten zeigen, dass die endoskopische Diskektomie eine Schmerz- und Funktionsverbesserung erzielt, die der Mikrodiskektomie entspricht. Häufige Vorteile sind geringerer Blutverlust, weniger postoperative Schmerzen, geringerer Opioidbedarf und kürzere Aufenthalte. In vielen Fallserien und Metaanalysen sind die Komplikationsraten insgesamt vergleichbar, teils sogar niedriger für die Endoskopie. Dennoch bestehen Risiken: Infektion, Hämatom, Nervenverletzung, Dysästhesien durch Wurzelreizung, Liquorverlust, Thrombose, wrong level ohne Navigation und Rezidiv eines Vorfalls (insbesondere bei geschwächtem Anulus).

Die Lernkurve und die Falldefinition beeinflussen die Ergebnisse: stark migrierte Vorfälle, mehrsegmentige zentrale Stenosen oder deutliche Instabilität erfordern ggf. andere Verfahren.

 

Praktische Überweisungskriterien

  • Ausgeprägte Radikulopathie mit Bild-Korrelation nach 6–8 Wochen adäquater Therapie.
  • Progredienter neurologischer Ausfall oder Schmerz, der die Grundversorgung im Alltag verhindert.
  • Rezidivvorfall mit klarer klinischer Korrelation und sicherem endoskopischem Zugang.
  • Fokale foraminale/laterale Stenose, wenn die Anatomie eine zielgerichtete Dekompression begünstigt.

 

Realistische Erholungszeiten

  • Erste 24–48 Std.: frühe Mobilisation, multimodale Analgesie, Entlassung oft am selben Tag oder binnen 24 Std. bei stabilem Verlauf.
  • Woche 1–2: tägliche Spaziergänge; Rückkehr zu leichten Bürotätigkeiten je nach Schmerzlage.
  • Woche 3–6: Aufbau von Kraft und Ausdauer; viele Patient:innen nehmen Tätigkeiten mit geringer körperlicher Belastung wieder auf.
  • 6–12 Wochen: stufenweise Rückkehr zu körperlich fordernden Aktivitäten; Sport mit Stoßbelastung nur nach Freigabe.

Diese Zeiträume sind Richtwerte und hängen von Alter, Begleiterkrankungen, Art des Vorfalls/der Stenose, operiertem Segment und beruflicher Tätigkeit ab.

 

Wann in die Notaufnahme?

  • Plötzliche oder zunehmende Schwäche in Fuß, Händen oder Beinen.
  • Stuhl-/Harnentleerungsstörungen oder Reithosenanästhesie.
  • Hohes Fieber mit starken Schmerzen nach der Operation.
  • Zunehmender, stark behindernder Schmerz trotz geplanter Analgesie.

 

Mythen und Fakten

  • Mythos: „Endoskopie heilt immer schneller als jede andere Technik.“ Fakt: Die Erholung ist oft zügiger, die Ergebnisse hängen jedoch von Diagnose und Fallauswahl ab.
  • Mythos: „Das ist ein kleiner, risikoloser Eingriff.“ Fakt: Geringere Gewebetraumatisierung, aber Komplikationen sind nicht ausgeschlossen.
  • Mythos: „Nach einer Endoskopie bekomme ich keinen neuen Vorfall.“ Fakt: Ein Rezidiv ist möglich; Gewohnheiten, Belastung und Anatomie spielen eine Rolle.

 

Häufige Fragen

Worin unterscheidet sie sich von der „klassischen“ Mikrodiskektomie?

Beide Verfahren zielen auf die Nervenentlastung ab. Endoskopie nutzt Zugänge mit Spülung; die Mikrodiskektomie eine größere Inzision und ein Mikroskop. Schmerz- und Funktionsresultate sind vergleichbar; die Endoskopie verkürzt häufig den Aufenthalt.

Erfolgt der Eingriff in Vollnarkose?

Er kann in Vollnarkose oder in Regional-/Epiduralanästhesie in erfahrenen Zentren durchgeführt werden. Die Wahl hängt von Zugang, Segment und Begleiterkrankungen ab.

Eignet sie sich für ausgedehnte zentrale Kanalstenosen?

Nicht immer. Bei mehrsegmentiger oder ausgeprägter zentraler Stenose sind mikrotubuläre oder offene Dekompressionen oft vorzuziehen.

Kann ich bald wieder arbeiten?

Büro: häufig nach 1–3 Wochen bei gutem Verlauf. Körperliche Arbeit: 6–12 Wochen mit schrittweiser Wiedereingliederung.

Wie lange dauert der Eingriff?

Etwa 45–120 Minuten, abhängig von Segment, Vorfalltyp und Zugangsweg.

Wie hoch ist die Reoperationsrate?

Ähnlich wie bei der Mikrodiskektomie in großen Serien. Ein Rezidiv tritt, wenn überhaupt, meist in den ersten Monaten auf.

 

Glossar

  • TELD: transforaminale endoskopische lumbale Diskektomie.
  • UBED: unilaterale biportale Endoskopie (zwei Zugänge).
  • Radikulopathie: Beschwerden durch Reizung einer Nervenwurzel.
  • Laminotomie: partielle Eröffnung des hinteren Wirbelbogens zur Dekompression.
  • Liquorleck: Austritt von Liquor durch Duraverletzung.

 

Referenzen

  1. Complex Spine Institute.
    https://complexspineinstitute.com/de/behandlungen/endoskopische-wirbelsaeulenchirurgie/
  2. BMJ. Full endoscopic versus open discectomy for sciatica (Metaanalyse). 2022. https://www.bmj.com/content/376/bmj-2021-065846
  3. NICE NG59. Low back pain and sciatica in over 16s: assessment and management (Update 2020). 2020. https://www.nice.org.uk/guidance/ng59
  4. Neurospine. TELD vs. Mikrodiskektomie: Follow-up >5 Jahre. 2024. https://www.e-neurospine.org/journal/view.php?number=1535
  5. PubMed. UBED vs. Mikrodiskektomie bei lumbalem Bandscheibenvorfall. 2024. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38388729/
  6. PLOS/PMC. Vergleich Mikrodiskektomie, IPD und PELD: ähnliche Ergebnisse. 2025. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11942998/
  7. NASS. Klinische Leitlinien (offizielle Ressource). 2021–2025. https://www.spine.org/Research/Clinical-Guidelines

 

Hinweis: Dieser Inhalt dient der Aufklärung und ersetzt nicht die individuelle ärztliche Untersuchung oder Beratung.

Primer plano de cirugía endoscópica de columna con asistencia de imagenología en quirófano especializado